Ressourcen der Kriegsenkel
Empathie, Organisationstalent, Durchhaltevermögen, Verlässlichkeit, das Streben nach Sinn – der Blick auf diese Eigenschaften unserer Generation öffnet neue Wege zur Zufriedenheit. Ein wichtiges Thema in den Einsteigerseminaren für Kriegsenkel
Der erste Kontakt mit dem Thema „Kriegserbe der Familie“ ist oft ein Erschrecken, manchmal ein Schock. „Ach, deswegen hat mich meine Mutter nie gesehen, schiebt mir alle Verantwortung zu, missbraucht mich emotional! Deswegen hat mein Vater meine Fehler so unbarmherzig bestraft, immer Distanz gehalten, mich niedergemacht und nie anerkannt.“ Auf einmal gibt es eine Erklärung dafür, und sie wirkt im wahren Wortsinne erschütternd. Entsetzen, Wut, Trauer, Verzweiflung sind die Folgen, und manchmal erkennen wir auch, warum wir gesundheitliche Probleme haben, physisch und psychisch.
Das Leid der Kriegsenkel würdigen
Das verdient eine ausführliche Würdigung. Anzuerkennen und zu betrauern, was wir erlitten haben, was uns an Liebe, Unterstützung und Anteilnahme vorenthalten wurde – und vielleicht immer noch vorenthalten wird! –, kann befreiend sein. Es kann uns aber auch festhalten im Leid. Probleme haben eine enorme Anziehungskraft, sie fordern geradezu das Kreisen der Gedanken um immer dieselben Fragen und Vorwürfe. Das bindet sehr viel Energie. Der permanente Blick zurück verhindert den Blick nach vorn. Aber da, nun ja, wartet das Leben auf uns.
Der Blick auf die Ressourcen kann versöhnen
Deswegen ist der Blick auf die Ressourcen ein so wichtiger Bestandteil der Einsteigerseminare für Kriegsenkel, die ich anbiete. Ja, wir haben viel ertragen müssen – aber haben wir nicht auch gerade dadurch viel gelernt? Sind wir nicht gerade aufgrund unserer Sozialisation besonders feinfühlig für Stimmungen, sind empathisch, verlässlich, nicht so schnell unterzukriegen, waren früh selbstständig, können planen, organisieren und durchhalten? Die Generation der Kriegsenkel prägt wahrlich nicht nur das negative Erbe der Eltern und Großeltern – sondern eine Menge positiver Eigenschaften und Ressourcen. Okay, wir hätten uns gewünscht, dass sie uns auf andere Weise vermittelt worden wären. Aber jetzt stehen sie zur Verfügung, und das Bewusstsein dafür kann uns helfen, uns mit unserer Geschichte zu versöhnen und uns mit unserer Kraft zu verbinden.
Ermutigendes Einsteigerseminar für Kriegsenkel
Es ist jedes Mal wieder erstaunlich, wie sich die Stimmung im Seminar dreht, wenn das Thema dieser ganz eigenen Stärken unserer Generation im Raum steht. Die Überraschung ist bei vielen TeilnehmerInnen groß, die Erleichterung auch. Sie fühlen sich ermutigt und gestärkt. Deswegen ist für diesen entscheidend wichtigen Perspektivenwechsel im Einsteigerseminar für Kriegsenkel ausreichend Zeit. Das nächste findet am 22. September im Dorothee-Sölle-Haus in Hamburg-Altona statt. Weitere Infos hierzu gibt auf dieser Website sowie auf der Website von Kriegsenkel e.V.
Foto: shapecharge, iStock
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